Hohe Cholesterinwerte und deren Ursachen: Was dahintersteckt und was die möglichen Folgen sind

Prof. Dr. Steinhagen-Thiessen erklärt, wodurch hohes Cholesterin entsteht, welche Ursachen es für zu hohe Cholesterinwerte gibt und welche Folgen es haben kann

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Prof. Dr. med. Steinhagen-Thiessen

Cholesterin ist lebens­notwendig für viele Stoff­wechsel­prozesse, die im menschlichen Körper ablaufen. Doch ein über Jahre zu viel an Cholesterin müssen wir teuer bezahlen: Mit der Entstehung der Arterios­klerose, Wand­ablagerungen in den Blut­gefäßen, die wiederum zu schwer­wiegenden Erkrankungen, wie einem Herzinfarkt oder Schlaganfall, führen können. Was Cholesterin ist, woran es liegt, wenn es zu hoch ist und wieso es gefährlich werden kann, erläutert Prof. Dr. Elisabeth Steinhagen-Thiessen, Senior­professorin der medizinischen Klinik für Endo­krinologie und Stoff­wechsel­medizin der Charité – Universitäts­medizin Berlin.

Entstehung und Funktion von Cholesterin

Cholesterin ist ein Blutfett, das für uns Menschen lebens­notwendig ist. Unser Körper benötigt es für die Produktion von Gallensäuren, zum Aufbau der Zellmembran, zur Bildung von Hormonen und Vitamin D und für viele weitere wichtige Stoff­wechsel­prozesse. Aus diesem Grund können fast alle Zellen im menschlichen Körper Cholesterin produzieren. Die Leber stellt dabei das meiste Cholesterin in unserem Körper her. Insgesamt werden rund 70 Prozent des im Körper vorhandenen Cholesterins vom Körper selbst synthetisiert und die restlichen 30 Prozent nehmen wir über die Nahrung auf. Durch verschiedene Umstände kann es dazu kommen, dass zu viel Cholesterin im Blut ist. Dies hat negative Folgen für unsere Gesundheit und ist daher nicht gut für uns. Ist dauerhaft zu viel Cholesterin im menschlichen Körper vorhanden, kann das Cholesterin an den Innen­wänden der Blutgefäße (Arterien) hängen­bleiben und sich an diesen festsetzen, was auch als Ablagerung bezeichnet wird. Durch diese Ablagerungen können die Blutgefäße über die Jahre enger werden, was den Blutfluss vermindert und in der Folge zu einem Herzinfarkt, Schlaganfall und/oder Durch­blutungs­störungen, z.B. in den Beinen, führen kann.

Die zwei Arten von Cholesterin

Es gibt zwei Arten von Cholesterin. Das HDL-Cholesterin und das LDL-Cholesterin. Das HDL-Cholesterin (High-Density-Lipoprotein-Cholesterin) wird allgemeinhin als das „gute“ Cholesterin bezeichnet – es gibt auch Ausnahmen. Es sollte möglichst hoch sein und mindestens 40 mg/dL betragen. HDL-Cholesterin transportiert Cholesterin aus den Gefäßen zurück in die Leber. Dem HDL-Cholesterin wird eine schützende Funktion für unsere Gefäße zugesprochen.

Das „schlechte“ LDL-Cholesterin (Low-Density-Lipoprotein-Cholesterin) auch das „liederliche“ Cholesterin genannt, wird – wenn es zu hoch ist – als Plaque in den Arterien­wänden abgelagert und führt so im Laufe der Zeit zur Arteriosklerose (Verkalkung der Plaques). Das LDL-Cholesterin sollte daher möglichst niedrig sein. Bei gesunden Menschen, die keinen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben, sollte der Wert für das LDL-Cholesterin unter 115 mg/dL liegen. Wenn eine Herz-Kreislauf-bedingte Vorerkrankung, wie z.B. ein Herzinfarkt oder ein Schlag­anfall vorliegen, sollte es hingegen 70 mg/dL nicht überschreiten. Wichtig ist also vor allem, dass Sie Ihren LDL-Cholesterin­wert kennen.

Die 3 Ursachen für zu hohes Cholesterin

Es gibt drei mögliche Ursachen, für zu hohe Cholesterin werte. Dazu gehören das Alter, die Ernährung und vor allem die familiäre Disposition – hohes Cholesterin kann also erblich bedingt sein.

1. Familiäre Hyper­cholesterinämie

Sehr hohe LDL-Cholesterin­werte, die teilweise schon in jungen Jahren zur Entstehung von Arterios­klerose führen, sind in der Regel auf eine familiäre Disposition zurückzuführen. Verantwortlich dafür ist in der Regel eine Mutation in der DNA, die zu dieser erblich bedingten Fett­stoff­wechsel­störung führt. Bei der familiären Hyper­cholesterin­ämie sind keine oder nur wenige Rezeptoren beziehungs­weise „Andock­stellen“ für das Cholesterin­molekül auf der Zell­ober­fläche vorhanden, die LDL-Cholesterin aus dem Blut in die Zellen aufnehmen können. In Folge dessen lagert sich mehr LDL-Cholesterin in den Gefäß­wänden ab und führt dazu, dass sich die Gefäße verengen.

Wichtig zu wissen ist, dass die Erkrankung immer weitergegeben und keine Generation ausgelassen wird. Das bedeutet, dass bei einer Familie mit vier Kindern und einem Elternteil mit entsprechender genetisch bedingter Cholesterin­erkrankung, statistisch gesehen zwei der vier Kinder ebenfalls hohe Cholesterin­werte haben werden. Dies wird auch als heterozygote Form bezeichnet.

In besonders schweren, sogenannten homo­zygoten Fällen erbt das Kind die Genmutation hingegen von beiden Elternteilen, wodurch der Cholesterin­spiegel extrem hoch sein kann. In diesem Fall kann das LDL-Cholesterin bei Werten zwischen 400 mg/dL und 1.000 mg/dL liegen – zwei bis zehn Mal so hoch wie normal. Durch diese extremen Werte kann es bereits im Jugendalter zu einem Herzinfarkt kommen. Ist die Krankheit bei den Eltern bekannt, sollte daher bereits im Kindesalter unbedingt der Cholesterin­spiegel kontrolliert werden, um entsprechend medikamentös gegen­steuern zu können.

Die Höhe des LDL-Cholesterins kann von Individuum zu Individuum sehr unterschiedlich sein. In den allermeisten Fällen liegt eine genetische Veranlagung vor. Häufig kommt zu den genetisch bedingt erhöhten Cholesterin­werten noch ein ungesunder Lebensstil (Ernährung, Rauchen, Bewegungs­mangel, usw.) hinzu, was die Höhe des LDL-Cholesterins zusätzlich negativ beeinflusst. Außerdem wird das Gesamtrisiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch zusätzliche Risiko­faktoren, wie z.B. hohen Blutdruck, eine Zucker­krankheit, Übergewicht o.ä. in seiner Wirkung nicht addiert, sondern potenziert!

2. Falsche Ernährung

Die Ernährung beeinflusst zwar nur den geringeren Anteil des gesamten Cholesterins in unserem Körper, ist aber trotzdem ein wichtiger Faktor bei hohem Cholesterin. Es kann davon ausgegangen werden, dass in schätzungs­weise 40 Prozent der Fälle, in denen der Cholesterin­spiegel zu hoch ist, allein der Lebensstil verantwortlich für zu hohe Cholesterin­werte ist. Ein ungesunder Lebensstil mit viel Fett, einer zu hohen Energiezufuhr und zu wenig gesunden Lebensmitteln wie Gemüse, Obst und Ballast­stoffen, lassen das LDL-Cholesterin ansteigen.

Bestimmte Lebensmittel wirken sich besonders negativ auf den Cholesterin­spiegel aus. Hierzu zählen insbesondere tierische Fette, rotes Fleisch, Wurstwaren und Fertig­produkte. Der Verzehr vieler gesättigter Fettsäuren, wie sie vor allem in tierischen Lebens­mitteln und Fertig­produkten vorhanden sind, hebt den LDL-Cholesterin­wert im Körper – cholesterin­haltige Lebensmittel haben natürlich den selben negativen Effekt. Dadurch kommt es zu einer sogenannten Rezeptor-Down-Regulation. Das bedeutet, dass sich die Anzahl der Rezeptoren für das LDL-Cholesterin auf der Oberfläche der Zellen vermindert, wodurch weniger LDL-Cholesterin gebunden und aus der Blutbahn abtransportiert werden kann. Das überschüssige Cholesterin verbleibt in der Blutbahn, zirkuliert dort, wird oxidiert und lagert sich an den Gefäßwänden ab.

3. Zunehmendes Alter

Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für einen Anstieg des LDL-Cholesterin ebenfalls an. Denn im Alter gehen zunehmend LDL-Rezeptoren verloren, was wiederum dazu führt, dass das LDL-Cholesterin nicht mehr aus dem Blut aufgenommen und verarbeitet wird, sondern sich in den Gefäß­wänden ablagert.

Dabei lässt sich beobachten, dass sich das LDL-Cholesterin bei Frauen und Männern gleicher maßen im Alter erhöht, mit dem entscheidenden Unterschied, dass bei den Frauen die LDL-Cholesterin­werte bis zur Menopause deutlich geringer sind, als bei Männern gleichen Alters. In dem Moment, in dem die Frauen jedoch in die Menopause kommen und der Östrogen einfluss auf das LDL-Cholesterin nachlässt, steigt der Cholesterin­wert schlagartig an. Dies ist auch der Grund dafür, warum bei den Frauen im Vergleich zu den Männern koronare Herz­erkrankungen und Herzinfarkt – statistisch gesehen – zeitlich verzögert, sieben bis zehn Jahre später auftreten.

Da hohes Cholesterin zunächst keinerlei Symptome auslöst, also nicht „weh tut“, ist es dringend anzuraten, rechtzeitig, bevor es zu Ablagerungen kommt, den Cholesterin­spiegel regelmäßig beim Arztbesuch überprüfen zu lassen, um dann frühzeitig entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können. Durch die Umstellung des Lebensstils – unter Umständen in Kombination mit Medikamenten – können kardio­vaskuläre Erkrankungen wie Herzinfarkt, koronare Herzkrankheit, Schlaganfall, usw. die durch zu hohes Cholesterin ausgelöst werden, vermieden werden.

Hohes Cholesterin und die Folgen

Ein hoher Cholesterin­spiegel gilt neben Rauchen, Bluthochdruck, Zucker­krankheit, Übergewicht und Bewegungs­mangel als einer der wichtigsten Risiko­faktoren für die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die in Deutschland als Todesursache Nummer eins gelten.

Ohne geeignete Therapie kann zu hohes Cholesterin zu Arterien­verkalkung, der sogenannten Arteriosklerose führen. Diese entwickelt sich über Jahre und Jahrzehnte hinweg unbemerkt. Es bilden sich Ablagerungen in den Gefäß­wänden – aus Cholesterin bestehende Plaques – wodurch sich die Blutgefäße verengen und an Elastizität verlieren. Dies kann schlimme Folgen haben.

Lagern sich Plaques in den Herzkranz­gefäßen ab, beeinträchtigt dies den Blutfluss, weshalb z.B. der Herzmuskel nicht mehr in ausreichender Menge mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden kann. Die Folge kann Angina Pectoris sein, was sich durch ein beklemmendes Engegefühl in der Brust, dumpfen oder stechenden Schmerz und Erstickungs­gefühl, äußern kann. Reißen die abgelagerten Plaques ein, kann sich darüber hinaus ein Blutgerinnsel bilden, welches die Herzkranz­gefäße gänzlich verschließt. Ein Herzinfarkt ist die Folge. Dieser kann auch schon durch einen teilweisen Verschluss eines Gefäßes ausgelöst werden. Nur bei etwa jedem sechsten Infarkt sind die Blutgefäße um mehr als 75 Prozent verschlossen.

Arterios­klerose in Arterien, die das Gehirn mit Sauerstoff versorgen, kann zu einem sogenannten „ischämischen“ Schlaganfall führen. Eine weitere Auswirkung arterios­klerotischer Gefäß­verkalkungen können Durchblutungs­störungen in den Beinen und im Becken sein. Bei der sogenannten peripheren arteriellen Verschluss­krankheit treten beim Gehen starke Schmerzen in der Beinmuskulatur auf – die sogenannte „Schaufenster­krankheit“.

Um den Folgen von Arterios­klerose vorzubeugen, sollten Sie regelmäßig Ihren Cholesterin­spiegel, vor allem das LDL-Cholesterin, überprüfen lassen. Sind Ihre Werte zu hoch, sprechen Sie mit Ihrem Arzt über eine geeignete Therapie. Mit einer Änderung der Ernährungs­gewohnheiten lässt sich das LDL-Cholesterin um ca. 10-15 Prozent senken. Durch regelmäßigen Sport können Sie nochmal 5-10 Prozent Ihres LDL-Cholesterins beeinflussen. Diese Effekte und Möglichkeiten sollten immer ausgereizt werden. Dennoch müssen die meisten Patienten zusätzlich mit Medikamenten therapiert werden, um den richtigen Zielwert für ihr LDL-Cholesterin zu erreichen.


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