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Alemtuzumab (Lemtrada®)

Apotheker-geprüfte Antworten zur Behandlung, Zulassung und zu Nebenwirkungen von Alemtuzumab

Alemtuzumab ist der Wirkstoff des MS-Medikaments Lemtrada®. Es wird bei erwachsenen Personen mit schubförmig-remittierender Multipler Sklerose eingesetzt, um die Zahl der Schübe zu reduzieren. Alemtuzumab (Lemtrada®) wird bei Patienten angewendet, die eine hohe Krankheitsaktivität zeigen. Es handelt sich dabei um ein Immunsuppressivum. Alemtuzumab (Lemtrada®) wird unter ärztlicher Aufsicht in intensivmedizinischer Umgebung durch eine Infusion verabreicht.

Wir hoffen, die Informationen in diesem Artikel sind hilfreich und bitten Sie, diese lediglich als solche wahrzunehmen. Dieser Artikel ersetzt keinen professionellen ärztlichen Rat. Falls Sie Bedenken zu Ihrer Medikation haben, sprechen Sie unbedingt mit Ihrem Arzt oder Apotheker. Dies ist besonders wichtig, falls Sie mehrere Medikamente einnehmen oder bestehende Risikofaktoren oder Unverträglichkeiten haben.

Wie sieht der Wirkungsmechanismus von Alemtuzumab (Lemtrada®) aus?

Alemtuzumab ist ein Arzneimittel, das bei einer schubförmigen MS mit hoher Entzündungsaktivität (RRMS) eingesetzt wird. Es wird oft davon gesprochen, dass Alemtuzumab eine sogenannte Immuntherapie ist. Aber was heißt das?

Immuntherapien sind Arzneimittel, die Erkrankungen des Immunsystems behandeln. Sie haben alle gemeinsam, dass eine bestimmte Reaktion des Immunsystems unterdrückt werden soll – daher nennt man diese Medikamente auch Immunsuppressiva. Der genaue Wirkungsmechanismus von Immunsuppressiva bei MS ist allerdings noch nicht vollständig nachvollziehbar entschlüsselt. Bekannt ist allerdings, dass weitere Schübe verringert werden und die Entzündungsaktivität im Zentralen Nervensystem durch die Anwendung zurückgeht. Es wird angenommen, dass die Reduktion von bestimmten weißen Blutkörperchen ein Grund dafür ist. Alemtuzumab ist ein Wirkstoff, der als „humanisierter monoklonaler Antikörper“ bezeichnet wird. Das bedeutet, dass Alemtuzumab sich im Blut und in Immunorganen (Organe, die an einer Immunantwort mitwirken, z.B. die Milz oder das Knochenmark) an die weißen Blutkörperchen bindet (T-Lymphozyten, B-Lymphozyten oder Monozyten).

Durch diese Funktion zerstört Alemtuzumab vorübergehend die körpereigene Abwehr, die die MS-bedingten Autoimmunreaktionen auslösen. Dieses Resultat der Anwendung von Alemtuzumab hält für längere Zeit. Trotzdem ist Alemtuzumab (Lemtrada®) nach etwa 1-1,5 Monaten nach der Infusion nicht mehr im Blut nachweisbar.

Dosierung & Co. – Wie bekomme ich Alemtuzumab (Lemtrada®) verabreicht?

Eine Behandlung mit Alemtuzumab (Lemtrada®) findet in einem Krankenhaus statt, das einen MS-erfahrenen Neurologen und Ressourcen der Intensivmedizin hat. Alle Patienten, die mit Alemtuzumab (Lemtrada®) behandelt werden, bekommen eine Patientenkarte und einen Leitfaden zur Behandlung mit dem Arzneimittel ausgehändigt.

Die Infusion mit Alemtuzumab (Lemtrada®) wird anfänglich in zwei Behandlungsphasen verabreicht. Ob eine oder maximal zwei zusätzliche Behandlungsphasen angeordnet werden, ist von Ihrem persönlichen Bedarf abhängig.

Behandlungsphasen: Zwischen den beiden Phasen Ihrer Behandlung liegt ein Abstand von mindestens zwölf Monaten. Die empfohlene Dosis pro Tag beträgt 12 mg.

  • Phase 1: 12 mg täglich an fünf aufeinander folgenden Tagen (in der Summe 60 mg)

  • Phase2: 12 mg täglich an drei aufeinander folgenden Tagen (in der Summe 36 mg)

Mögliche folgende Behandlungsphase(n): Zwischen den beiden Phasen Ihrer Behandlung liegt ein Abstand von mindestens zwölf Monaten. Die empfohlene Dosis pro Tag beträgt 12 mg.

  • *Phase 3: 12 mg täglich an drei aufeinander folgenden Tagen (in der Summe 36 mg)

  • *Phase 4: 12 mg täglich an drei aufeinander folgenden Tagen (in der Summe 36 mg)

Sollte eine ausgelassene Dosis nachgeholt werden, darf diese nicht am selben Tag verabreicht werden wie eine geplante Infusion.

Drei Tage vor der Therapie mit Alemtuzumab (Lemtrada®) werden MS-Patienten mit Kortikosteroiden und möglicherweise Antihistaminika vorbehandelt. Das soll das Risiko bzw. die Schwere einer Infusionsreaktion reduzieren.

Welche Nebenwirkungen hat Alemtuzumab (Lemtrada®)?

Für die Behandlung mit Alemtuzumab (Lemtrada®) ist eine strenge Sicherheitsnachbeobachtung durch Ihren Arzt oder Ihre Ärztin vorgesehen, die über 48 Monate (nach Ihrer letzten Infusion) dauert. Dabei wird beobachtet, wie Sie auf das Therapeutikum ansprechen und ob Nebenwirkungen auftreten. Die folgende Liste stellt mögliche Nebenwirkungen dar. Eine vollständige Übersicht können Sie der Packungsbeilage entnehmen. Zu Beginn der Behandlung wird Ihr Arzt oder Ihre Ärztin Sie außerdem über mögliche Risiken zur Anwendung von Alemtuzumab (Lemtrada®) aufklären.

  • Akne, Hautschädigung (Hautläsion), Hautentzündung
  • Akute starke allergische Reaktion die mehrere oder alle Körpergebiete betrifft (Anaphylaxie)
  • Anstieg der Aspartat-Aminotransferase (ASAT)-Konzentration im Blut, Anstieg der Aminotransferase (ALAT)-Konzentration im Blut
  • Autoimmunerkrankung der Schilddrüse (Basedow-Krankheit), Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose), Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), Schilddrüsenvergrößerung, Nachweis von Schilddrüsenantikörper im Blut
  • Beschleunigter Puls (Tachykardie)
  • Bindehautentzündung, Schilddrüsenerkrankung mit hervortretenden Augäpfeln, verschwommenes Sehen
  • Blutung der Lungenbläschen (Alveolen)
  • Durch das Immunsystem bedingte Leberentzündung (autoimmune Hepatitis), starke entzündliche Reaktion des Immunsystems (hämatophage Histiozytose)
  • Entzündung der Mundschleimhaut (Stomatitis)
  • Entzündung des Ohres
  • Epstein-Barr-Virusinfektion, Epstein-Barr-Hepatitis
  • Erhöhte Eiweißausscheidung im Urin (Proteinurie), Ausscheidung von Blut mit dem Urin (Hämaturie)
  • Fieber, Grippe, Müdigkeit, Schüttelfrost
  • Fleckenartige Hautblutung (Ekchymose)
  • Gefäßverengung am Herzen
  • Gürtelrose (Herpes-Zoster-Infektion), Infektion der unteren Atemwege, Infektiöse Entzündung des Magen-Darm-Traktes
  • Haarausfall mit Glatzenbildung (Alopezie)
  • Hashimoto
  • Hautrötung durch gesteigerte Durchblutung (Erythem)
  • Hefepilzinfektion (Candidose) der Mundschleimhaut, Vaginalsoor (Hefepilzinfektion der Scheide und Schamlippen)
  • Hirnblutung
  • Husten, Nasenbluten, Schluckauf, Halsschmerzen, Bauchschmerzen, Erbrechen, Diarrhoe, Verdauungsbeschwerden
  • Immunstörung mit kleinen Haut- oder Schleimhauteinblutungen (Morbus Werlhof)
  • Infektion der oberen Atemwege (URTI) oder Harnwege, eine Herpesvirus-Infektion
  • Infektion im Zahnbereich
  • Kopfschmerzen, Migräne
  • Kurzatmigkeit (Dyspnoe), Asthma bronchiale
  • Langsamer Puls (Bradykardie), Herzklopfen, niedriger Blutdruck (Hypotonie)
  • Lungenentzündung durch Infektion (Pneumonie)
  • Mäßig akute Schilddrüsenentzündung (subakute Thyreoiditis)
  • Muskelschmerzen, Muskelschwäche, Gelenkschmerzen, Rückenschmerzen, Gliederschmerzen, Muskelkrämpfe, Nackenschmerzen, Schmerzen im Haltungs- und Bewegungsapparat
  • Nachweis von Schilddrüsenantikörper im Blut
  • Nesselausschlag (Urtikaria), Hautausschlag, Juckreiz (Pruritus)
  • Scheideninfektion
  • Schilddrüsenvergrößerung
  • Schlaflosigkeit, Angst, Depression
  • Schwindelgefühl, Taubheitsgefühl, Missempfindungen, Zittern
  • Schwitzen (Hyperhidrose)
  • Störung des Geschmacks
  • Übelkeit
  • Überempfindlichkeit
  • Vergrößerung der Lymphknoten
  • Verlängerte Monatsblutung, unregelmäßige Monatsblutung
  • Verminderte Zahl an Blutplättchen (Thrombozytopenie), Blutarmut (Anämie), Verminderung der Blutkörperchen, Blutbildungsstörung mit mehr weißen Blutkörperchen im Blut (Leukozytose)
  • Verminderte Zahl an weißen Blutkörperchen (Lymphozytopenie, Leukopenie, Neutropenie)
  • Wärmegefühl
  • Warzengeschwulst (Papillom) der Haut
  • Zytokin-Freisetzungs-Syndrom

Anmerkung: MS-Patienten erhalten die Infusion mit Alemtuzumab (Lemtrada®) stationär (so können Sie von einer medizinischen Fachkraft überwacht werden). Dennoch gilt es zu beachten, dass das Reaktionsvermögen durch die Behandlung mit dem Arzneimittel beeinträchtigt wird. Behalten Sie dies im Hinterkopf, um Verletzungen durch die Bedienung von Maschinen zu vermeiden – in Straßenverkehr, Haushalt etc. (vor allem kurz nachdem Sie aus der medizinischen Betreuung entlassen werden).

Wer darf mit Alemtuzumab (Lemtrada®) behandelt werden?

Nur Menschen mit RRMS, bei denen unter mindestens einem anderen MS-Therapeutikum noch immer eine messbare Krankheitsaktivität vorliegt dürfen mit Alemtuzumab (Lemtrada®) behandelt werden. Sie müssen außerdem zwischen 18 und 60 Jahre alt sein und dürfen keine Herz-, Kreislauf- oder Blutungsstörungen oder andere Autoimmunerkrankungen außer der Multiplen Sklerose haben.

Ältere Menschen

In den klinischen Studien zur Zulassung des Medikaments waren keine Patienten oder Patientinnen älter als 61 Jahre. Es ist daher nicht bekannt, wie diese Personengruppe auf das Medikament reagiert. In einem solchen Zweifelsfall raten Ärzte und Ärztinnen von einer Behandlung in der Regel ab.

Kinder und Jugendliche

Auch zu der Wirkung von Alemtuzumab (Lemtrada®) bei Heranwachsenden liegen keine Daten vor. Das betrifft Personen im Alter zwischen 0 und 18 Jahren.

Schwangere und Stillende

Es gibt nicht viele Erfahrungswerte zur Anwendung von (Lemtrada®) während einer Schwangerschaft. Daher muss bei der Behandlung immer abgewogen werden, ob das Risiko für den Fötus geringer ist als der Erfolg der Behandlung. Alemtuzumab ist in der Lage, die Plazentaschranke zu passieren, die das Kind schützt. Inwiefern das zu Schäden führen könnte ist allerdings nicht bekannt.

Die Therapie mit Alemtuzumab kann allerdings einen Effekt auf die Schilddrüse haben (Nebenwirkung). Es ist bekannt, dass es im Fall einer Schilddrüsenerkrankung während einer Schwangerschaft zu einer Beeinträchtigung der Entwicklung des Fötus oder eventuell zu einer Fehlgeburt führen kann.

Alemtuzumab (Lemtrada®) geht außerdem in die Muttermilch über. Ein mögliches Risiko für das zu stillende Kind kann nicht ausgeschlossen werden. Daher wird dringend empfohlen, das Kind während der Behandlungsphase und mindestens vier Monate nach der letzten Infusion nicht zu stillen.

Welche Auswirkungen hat Alemtuzumab (Lemtrada®) auf die Schilddrüse?

Durch die Behandlung von Alemtuzumab (Lemtrada®) können Patienten eine Erkrankung der Schilddrüse entwickeln. Die Schilddrüse befindet sich unterhalb des Kehlkopfes. Sie produziert von dort aus Hormone, die in den Blutkreislauf gelangen und Teil von Stoffwechselprozessen im Körper werden.

Mögliche Schilddrüsenerkrankungen sind beispielsweise:

  • Hashimoto: Hierbei kann sich die Schilddrüse entweder vergrößern und wird dadurch in ihrer Funktion beeinträchtigt oder das Gewebe der Schilddrüse wird zerstört.

  • Morbus Basedow: Antikörper lösen hierbei durch Autoimmunreaktionen Entzündungen aus. Diese können Augen, Unterschenkel, Füße oder Hände betreffen. Außerdem kann Morbus Basedow ein Auslöser für eine Schilddrüsenüberfunktion sein.

  • Schilddrüsenunterfunktion: Es werden zu wenig Hormone produziert. Das verlangsamt Stoffwechselprozesse im Körper und reduziert Ihre Leistungsfähigkeit.

  • Schilddrüsenüberfunktion: Es werden zu viele Hormone produziert. Menschen mit einer Schilddrüsenüberfunktion sind oft unruhig und nervös. Dabei tritt oft eine deutliche Gewichtsabnahme trotz Heißhunger auf sowie ein schneller Herzschlag.

Kam es bei der Behandlung mit Alemtuzumab (Lemtrada®) zu Todesfällen?

Während der Behandlung mit Alemtuzumab (Lemtrada®) sind in Einzelfällen Nebenwirkungen mit Todesfolge aufgetreten. Die europäische Arzneimittel-Agentur EMA hat daraufhin das Verhältnis von Nutzen und möglichen Risiken überprüft. Daraufhin kam die EMA zu dem Schluss, dass zusätzliche Gegenanzeigen bekannt gegeben und Maßnahmen zur Risikosenkung unternommen werden müssen.

Solche Maßnahmen sind im Folgenden aufgeführt:

  • Vor der Infusion: Es wird ein EKG durchgeführt, Vitalparameter werden bestimmt und Herzfrequenz und Blutdruck werden gemessen. Ärzte müssen zusätzlich vor einer Behandlung mit Alemtuzumab Laboruntersuchungen durchführen

  • Während der Infusion: Im Verlauf der Infusion wird kontinuierlich die Herzfrequenz sowie der Blutdruck des Patienten gemessen. Sollte der Patient Anzeichen für risikoreiche Nebenwirkungen zeigen, wird die Infusion abgebrochen

  • Nach der Infusion: Mindestens zwei Stunden nach der Infusion wird das Eintreten möglicher Nebenwirkungen überprüft. Wird der Patient aus der Obhut der behandelnden Einrichtung entlassen, ist er angehalten, seinen Gesundheitszustand selbst auf potenzielle Symptome zu kontrollieren und diese gegebenenfalls an seinen Neurologen zu melden. Nach der Infusion wird in regelmäßigen Abständen die Thrombozytenzahl (Anzahl der Blutplättchen) kontrolliert.

War Alemtuzumab (Lemtrada®) früher ein Chemotherapeutikum für die Krebs‑Therapie?

Ja, Alemtuzumab war ein Chemotherapeutikum und wurde unter dem Handelsnamen MabCampath® vertrieben. Im August 2012 beantragte der Hersteller aus kommerziellen Gründen freiwillig die Rücknahme der EMA-Zulassung von Alemtuzumab. Davor wurde es zur Behandlung der chronischen lymphatischen Leukämie eingesetzt.

Im September 2013 wurde Alemtuzumab unter dem Handelsnamen Lemtrada® von der EMA erneut zugelassen, jedoch als Multiple-Sklerose-Medikament.

Wann sollte keine Behandlung mit Alemtuzumab (Lemtrada®) stattfinden?

Wenn die folgenden Erkrankungen oder gesundheitlichen Umstände vorliegen, darf das Arzneimittel nicht angewendet werden. Bitte beachten Sie, dass Sie sich bei Rückfragen hierzu immer an Ihren Arzt oder Ihre Ärztin wenden sollten, da diese Medikamenteninformation keine Handlungsempfehlung darstellt.

  • Immunschwäche durch Virusinfektion (HIV-Infektion)
  • Aufspaltung (Dissektion) der zervikozephalen Gefäßwände eines Blutgefäßes (Arterie)
  • Blutgerinnungsstörung (Koagulopathie)
  • Bluthochdruck ohne ärztliche Überwachung (unkontrollierte Hypertonie)
  • Brustenge (Angina pectoris)
  • andere Erkrankung (nicht MS) durch das Immunsystem (Autoimmunerkrankung)
  • Herzinfarkte
  • Schlaganfälle
  • Schwere aktive Infektion (bis zum vollständigen Abklingen)
  • Überempfindlichkeit gegen die Inhaltsstoffe

Frauen im gebärfähigen Alter wird empfohlen, während und nach der Behandlung wirksame Verhütungsmittel zu verwenden, da die Auswirkungen des Medikaments entwicklungsschädigende Folgen für den Fötus oder auf die Schwangerschaft haben können.


Wir hoffen, die Informationen in diesem Artikel sind hilfreich und bitten Sie, diese lediglich als solche wahrzunehmen. Dieser Artikel ersetzt keinen professionellen ärztlichen Rat. Falls Sie Bedenken zu Ihrer Medikation haben, sprechen Sie unbedingt mit Ihrem Arzt oder Apotheker. Dies ist besonders wichtig, falls Sie mehrere Medikamente einnehmen oder bestehende Risikofaktoren oder Unverträglichkeiten haben.