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Interferone: Antworten auf die 18 häufigsten Fragen zu den Zytokinen

Apotheker-geprüfte Auskunft zur Wirkung und Nebenwirkungen der Interferontherapie

Interferone gehören zur Gruppe der Zytokine, die als Botenstoffe zwischen verschiedenen Zellen wirken und von zahlreichen Zellen gebildet werden. Diese körpereigenen Proteine werden vom Immunsystem im Rahmen einer Abwehrreaktion gebildet. Als gentechnisch-hergestellte Wirkstoffe werden sie bei Erkrankungen des Immunsystems (Autoimmunerkrankungen, z.B. Multiple Sklerose), bei Krebserkrankungen und Infektionskrankheiten angewendet.

Wir hoffen, die Informationen in diesem Artikel sind hilfreich und bitten Sie, diese lediglich als solche wahrzunehmen. Dieser Artikel ersetzt keinen professionellen ärztlichen Rat. Falls Sie Bedenken zu Ihrer Medikation haben, sprechen Sie unbedingt mit Ihrem Arzt oder Apotheker. Dies ist besonders wichtig, falls Sie mehrere Medikamente einnehmen oder bestehende Risikofaktoren oder Unverträglichkeiten haben.

Was ist Interferon?

Interferone sind körpereigene Eiweißstoffe, die vom Immunsystem gebildet werden, beispielsweise als Reaktion auf eine Virusinfektion oder einen Tumor. Sie regulieren die Tätigkeit des Immunsystems.

Durch biotechnologische Methoden werden Sie als Arzneimittel hergestellt und gehören zur Wirkstoffklasse der immunmodulierenden (immunstärkenden bzw. -schwächenden) Mittel.

Welche Interferone gibt es?

Es existieren verschiedene Interferone, die jeweils von unterschiedlichen Zelltypen gebildet werden.

Gentechnisch werden Interferon-Alpha (IFN-⍺), Interferon-Beta (IFN-β) und Interferon-Gamma(IFN-𝛾) zum Einsatz als Arzneistoff hergestellt (siehe auch Wie ist Interferon erhältlich? und Wann wird welches Interferon eingesetzt?

Was ist ein Peginterferon?

Ein Peginterferon ist ein sogenanntes pegyliertes Interferon, welches mit Polyethylenglycol (PEG) gekoppelt ist. Aufgrund ihrer längeren Halbwertszeit müssen Peginterferone bei gleicher Wirksamkeit nur einmal pro Woche verabreicht werden (statt etwa dreimal pro Woche). Der Wirkstoff wird langsamer freigesetzt, wird weniger schnell über die Niere ausgeschieden und verbleibt daher länger im Blut. Zum Vergleich: Bei nicht-pegylierten Wirkstoffen liegt die Halbwertszeit bei wenigen Stunden, wogegen Peginterferone eine Halbwertszeit von 40-80 Stunden haben können.

Was ist eine Interferontherapie?

Gentechnisch hergestellte Interferone werden zur Therapie von Erkrankungen des Immunsystems, bei Krebs und Infektionskrankheiten eingesetzt, oft über mehrere Monate oder sogar Jahre. Dazu gehören:

Autoimmunerkrankungen

  • Multiple Sklerose
  • Chronische Granulomatose

Krebserkrankungen

  • Chronisch myeloische Leukämie
  • Haarzellleukämie
  • Kutanes T-Zell-Lymphom
  • Kaposi-Sarkom bei AIDS-Patienten
  • Malignes Melanom
  • Nierenzellkarzinom

Infektionskrankheiten

  • Chronische Hepatitis B und C
  • Condylomata acuminata (Feigwarzen)

Ist Interferon eine Chemotherapie?

Die Interferontherapie ist eine Immuntherapie, die bei gewissen Krebserkrankungen zur Unterstützung anderer Therapien (zum Beispiel der Chemotherapie) eingesetzt wird. In der Krebstherapie können Interferone das Wachstum von Tumorzellen verlangsamen und das Wachstum von Blutgefäßen aufhalten, die den Tumor mit Blut versorgen. Sie können den Tumor für das Immunsystem leichter erkennbar und angreifbar machen und die Schlagkraft der natürlichen Killer-Zellen (NK-Zellen) und anderer Immunzellen erhöhen.

Wie wirkt Interferon?

Interferone aktivieren die Abwehrmechanismen der sowohl durch Viren infizierten Zellen, als auch die der umliegende gesunde Zellen. Dabei können Interferone folgende Wirkungen erzielen:

  • Antivirale Wirkung: Die aktivierten Zellen bilden Eiweiße, welche die Virusreplikation in den befallenen Zellen hemmen. Interferon-Alpha aktiviert dazu noch natürliche Killer-Zellen (NK-Zellen), welche der Virus- und Tumorabwehr dienen.
  • Antiproliferative Wirkung: Interferone bewirken in den aktivierten Viren und Zellen den Abbau der zur Eiweißbildung nötigen Transportstoffe (RNA).
  • Immunmodulatorische Wirkung: Im Blut kreisende spezielle weiße Blutkörperchen (T-Lymphozyten) werden beeinflusst, sodass virusinfizierte Zellen für sie leichter angreifbar sind.

Wie wirkt Interferon bei MS?

Bei der Multiple-Sklerose-Behandlung soll das zugeführte Interferon zum Beispiel die Anzahl der aktiven Entzündungszellen reduzieren. Auch sollen solche Zellen davon abgehalten werden, in das zentrale Nervensystem einzudringen. Diese Dämpfung der Abwehrvorgänge schwächt die Krankheitsaktivität ab, wie auf Magnetresonanztomogrammen (MRT) zu sehen ist.

Es wurde in Studien bestätigt, dass die Zahl der MS-Schübe durch den Einsatz von Interferon-Beta verringert wurde und diese einen weniger schweren Verlauf nahmen. Es wurde auch nachgewiesen, dass das Auftreten von Behinderungen sich durch die Interferonbehandlung um zwei Jahre verzögern ließ. Eine längere Verzögerung ist bisher nicht ausreichend nachgewiesen.

Ist Interferon ein Immunsuppressivum?

Interferone gehören zu den immunmodulierenden Medikamenten. Während Immunsuppressiva die Funktionen des Immunsystems unterdrücken, wird bei der Immunmodulation das Immunsystem durch vielfältige Wirkprinzipien verändert. Immunmodulierende Arzneistoffe können das Immunsystem dämpfen (=Immunsuppression), oder aber stimulieren.

Wann wird welches Interferon eingesetzt?

Interferon-Beta

  • als Basistherapie der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose bei schubförmig-remittierendem Verlauf (Interferon beta-1a) oder wenn sich die MS zwischen den Schüben fortlaufend verschlechtert (Interferon beta-1b)
  • bei schweren Viruserkrankungen

Interferon-Alpha

  • bei Nierenkrebs sowie einigen Formen von Blut- und Hautkrebs:
  • chronisch myeloische Leukämie
  • Haarzellleukämie
  • T-Zell-Lymphome der Haut
  • malignes Melanom
  • Kaposi-Sarkom
  • bei chronischer Hepatitis B und C (Interferon-Alpha-2a oder Interferon-Alpha-2b)

Interferon-Gamma

  • bei septischer Granulomatose (eine sehr seltene Erbkrankheit des Immunsystems)
  • bei Osteopetrose (sog. Marmorknochenkrankheit, eine meist genetisch bedingte Krankheit, von dem Fehlen oder der Unterfunktion von knochenabbauenden Zellen verursacht)
  • bei verschiedenen Krebserkrankungen, beispielsweise Eierstockkrebs

Wie ist Interferon erhältlich?

Interferone sind ausschließlich als Injektionspräparate, beispielsweise in Form von Fertigspritzen mit Injektionslösung, erhältlich.

Folgende Wirkstoffe (mit Handelsnamen) gehören zur Interferon-Wirkstoffgruppe:

  • Interferon alfa-2a (Roferon-A®)
  • Peginterferon alfa-2a (Pegasys®)
  • Interferon beta-1a (Avonex®, Rebif®)
  • Interferon beta-1b (Betaferon®)
  • Peginterferon beta-1a (Plegridy®)
  • Interferon gamma-1b (Imukin®)

Was ist vor der Einnahme von Interferonen zu beachten?

Unter folgenden Umständen sollten Interferone nicht angewendet werden:

  • bei Allergien gegen den Wirkstoff oder sonstige Bestandteile des Arzneimittels
  • bei schwerer Depression und Selbsttötungsgefahr

Unter folgenden Bedingungen sollte der behandelnde Arzt Nutzen und Risiken einer Interferontherapie abwägen:

  • bei Erkrankungen des Knochenmarks
  • bei Nieren- und Leberfunktionsstörungen
  • bei Herz- und Gefäßerkrankungen
  • bei Epilepsie, die nicht gut behandelbar ist
  • bei Schilddrüsenunterfunktion
  • bei schwerem Mangel an weißen Blutkörperchen (Leukopenie) oder an Blutplättchen (Thrombopenie)
  • während der Schwangerschaft oder Stillzeit, abhängig vom Wirkstoff (siehe Kann ich Interferone während der Schwangerschaft oder Stillzeit nehmen?

Eine vollständige Liste der Vorsichtsmaßnahmen ist in der Arzneimittel-Fachinformation nachzulesen.

Was ist während einer Interferontherapie zu beachten?

Während einer Interferonbehandlung können Blutgerinnsel in den kleinen Blutgefäßen auftreten und mehrere Wochen bis mehrere Jahre nach Beginn der Behandlung Auswirkungen auf die Nieren haben. Der behandelnde Arzt muss während der Interferontherapie Blutdruck, Blut (Anzahl der Blutplättchen) und Nierenfunktion überwachen.

Bei etwa 25% der Menschen, die mit Interferon behandelt werden, bilden sich Antikörper, die die Wirkung des Interferons abschwächen können. Der behandelnde Arzt sollte die Interferontherapie überdenken, wenn sie nur geringe Wirkung zeigt und im Blut neutralisierende Antikörper nachgewiesen werden.

Wie wird Interferon gelagert?

Interferon-Injektionspräparate werden für gewöhnlich im Kühlschrank bei 2 bis 8°C gelagert.

Wie werden Interferone verabreicht?

Interferone werden vorwiegend unter die Haut oder in den Muskel gespritzt. Je nachdem, wie lange sie wirken, müssen sie alle 2-3 Tage oder wöchentlich injiziert werden.

Die ersten Injektionen erfolgen unter Aufsicht von geschultem medizinischem Fachpersonal. Nach der Schulung können Fertigspritzen oder Autoinjektoren zu Hause selbst angewendet oder von Angehörigen oder Pflegekräften verabreicht werden.

Welche Nebenwirkungen kann Interferon haben?

Zu den möglichen Nebenwirkungen einer Interferonbehandlung gehören:

  • Grippeähnliche Symptome: Fieber, Schüttelfrost, Müdigkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen
  • Reaktionen an der Injektionsstelle: Rötung der Haut, Schmerzen, Schwellungen und Entzündungen
  • Erkrankungen des Blutes (Leukopenie, Thrombozytopenie, Anämie)
  • Leberfunktionsstörungen
  • Schlafstörungen, Kopfschmerzen
  • Gastrointestinale Symptome (Übelkeit, Bauchschmerzen, Durchfall, Gewichtsverlust)
  • Psychopathologische Veränderungen (Depression, Reizbarkeit)
  • Menstruationsstörungen oder eine verlängerte und verstärkte Regelblutung bei Frauen

In seltenen Fällen können noch Jahre nach Beginn einer Interferontherapie Störungen der kleinen Blutgefäße und Nieren auftreten. Diese sind erkennbar durch erstmaliges Auftreten von Bluthochdruck, Fieber und Verwirrtheit sowie Missempfindungen in den Gliedmaßen und geschwollenen Fußknöcheln (Ödem).

Eine vollständige Liste bekannter Nebenwirkungen ist in der Arzneimittel-Fachinformation nachzulesen.

Wie können Nebenwirkungen einer Interferontherapie behandelt werden?

Grippeartige Beschwerden treten häufig bei Therapiebeginn oder dosisabhängig auf und können mit Paracetamol gemildert oder beseitigt werden. Die Ursache grippeähnlicher Symptome wie Müdigkeit und Fieber, die längere Zeit anhalten, kann eine Blutbildungsstörung sein. Bei solchen Symptomen muss das Blutbild vom behandelnden Arzt kontrolliert werden.

Zu den empfohlenen Vorbeugungsmaßnahmen gegen Reaktionen an der Injektionsstelle gehören:

  • die Fertigspritze ca. 30 Minuten vor der Verabreichung aus dem Kühlschrank nehmen und auf Zimmertemperatur erwärmen lassen
  • die Hände vor dem Injizieren gründlich waschen
  • die Haut an der Injektionsstelle gründlich reinigen, wobei Wasser und Seife die Haut weniger irritieren als Alkoholtupfer. Falls Alkoholtupfer verwendet werden (z.B. auf Reisen oder bei Krankenhausaufenthalten), die Haut nach der Anwendung mindestens 60 Sekunden trocknen lassen
  • die Injektionsstelle regelmäßig wechseln
  • Schwellungen an der Einstichstelle mit einer kalten Kompresse kühlen. Schwellungen, die länger als 1 Tag anhalten, mit Wärme behandeln
  • Hautausschlag mit Salben mit antiallergischen Wirkstoffen (Antihistaminen) wie Diphenhydramin (Dermodrin Salbe), Hydrocortison-Creme oder auch Wirkstoffen aus der Hamamelispflanze behandeln

Besitzen Interferone Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten?

Es ist möglich, dass Interferone die Aktivität von Leber-Enzymen verringern, die andere Wirkstoffe abbauen. Dies kann beispielsweise bei der Einnahme von Antidepressiva oder Antiepileptika, die fast vollständig in der Leber verstoffwechselt werden, deren Abbau im Körper verzögern. Gegebenenfalls muss die Dosierung dieser Medikamente also angepasst werden. Auch beim Einsatz zusätzlicher Wirkstoffe, die die Leber und das blutbildende System beeinflussen, ist Vorsicht geboten, da es zur Verstärkung des Nebenwirkungsrisikos kommen kann.

Bei Transplantationspatienten, die Immunsuppressiva nehmen, kann eine Interferonbehandlung das Risiko für eine Organabstoßung erhöhen.

Interferone können die Wirkung und auch die Nebenwirkungen von Theophyllin (bei Asthma) verstärken (beispielsweise Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Herzrasen).

Weitere bekannte Wechselwirkungen sind unten aufgeführt; dies ist jedoch keine vollständige Liste.

Interferon-Beta

Für Interferon-Beta wurden keine Wechselwirkungsstudien durchgeführt. Aufgrund mangelnder klinischer Erfahrung wird die gleichzeitige Gabe anderer Immunmodulatoren außer Glukokortikoiden und ACTH bei einer Betaferon-Behandlung nicht empfohlen.

Interferon-Alpha

Interferon-Alpha und Peginterferon-Alpha dürfen nicht zusammen mit Telbivudin (bei Hepatitis B) genommen werden, da es zu einer Schädigung der peripheren Nerven kommen kann.

Interferon-Gamma

Wechselwirkungen mit Interferon-Gamma wurden mit leber-, nieren-, neuro-, hämato- und kardiotoxischen Wirkstoffen, myelosuppressiven Wirkstoffen, Serumproteinen, immunologischen Präparate wie Impfstoffen und CYP-Substraten beschrieben.

Kann ich während einer Interferonbehandlung Auto fahren?

Bei Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Abgeschlagenheit ist davon abzuraten, Auto zu fahren, Maschinen zu bedienen oder Arbeiten ohne sicheren Halt zu verrichten. Lassen Sie sich hierzu von Ihrem Arzt beraten.

Kann ich Interferone während der Schwangerschaft oder Stillzeit nehmen?

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat die Fortführung einer notwendigen laufenden Interferon-Beta-Behandlung während der Schwangerschaft genehmigt. Untersuchungen zufolge erhöht sich durch die Behandlung mit Interferon-Beta die Rate an Fehlgeburten nicht. Es empfiehlt sich, das Nutzen-Risiko-Verhältnis einer Interferon-Behandlung während der Schwangerschaft mit dem behandelnden Arzt zu besprechen.

Eine Interferonbehandlung kann während der Stillzeit stattfinden. Aufgrund der geringen Mengen von Interferon, die in die Muttermilch übergehen und der schlechten Absorption werden keine schädlichen Auswirkungen auf das gestillte Neugeborene/Kind erwartet.


Wir hoffen, die Informationen in diesem Artikel sind hilfreich und bitten Sie, diese lediglich als solche wahrzunehmen. Dieser Artikel ersetzt keinen professionellen ärztlichen Rat. Falls Sie Bedenken zu Ihrer Medikation haben, sprechen Sie unbedingt mit Ihrem Arzt oder Apotheker. Dies ist besonders wichtig, falls Sie mehrere Medikamente einnehmen oder bestehende Risikofaktoren oder Unverträglichkeiten haben.