Ist es Zeit, sich von Schönheitsidealen zu lösen?

Es ist möglich, sich von Schönheitsidealen zu lösen. Dies gelingt durch eine Herangehensweise, die uns einen neutraleren und realistischeren Blick auf den Körper ermöglicht. Dieser Ansatz ist als Body Neutrality bekannt. Body Neutrality lenkt den Fokus weg vom äußeren Erscheinungsbild und hin zu dem, was der Körper täglich leistet. Sich im eigenen Körper wohlzufühlen, ist entscheidend für ein gesundes Selbstwertgefühl. Zugegeben, in einer Gesellschaft, die stark auf Schönheitsideale fixiert ist, fällt eine neutrale Haltung vielen Menschen schwer. In diesem Blogbeitrag stellen wir Ihnen die wichtigsten Fragen zum Body Neutrality-Ansatz vor.

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MyTherapy-Redaktion
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Was bedeutet Body Neutrality?


Body Neutrality
bedeutet, den eigenen Körper wertschätzend anzunehmen und zu respektieren – unabhängig von Form, Gewicht oder Aussehen. Durch eine neutrale Haltung zum Körper kann sich das eigene Körperbild nachhaltig verbessern, egal ob man dünn, übergewichtig oder irgendwo dazwischen ist. Der Fokus liegt darauf, den Körper für seine Funktionen und seine Stärke zu schätzen – frei von gesellschaftlichen Schönheitsidealen oder äußeren Maßstäben. Der Körper wird nicht länger nur als Objekt ästhetischer Betrachtung gesehen, sondern als funktionaler Teil unseres Selbst verstanden(1).

Es geht darum, die Bedeutung, die wir unserem Aussehen beimessen, zu reduzieren. Schönheit hat bei uns einen zu hohen Stellenwert“, sagt Sozialpsychologin und Autorin Anuschka Rees. „Wir können unseren Selbstwert aus vielen Faktoren ziehen, beispielsweise aus unseren eigenen Werten, unseren Fähigkeiten und Talenten, unseren Beziehungen zu anderen Menschen“ (3).

Ein Beispiel aus dem Alltag

Stellen Sie sich vor, Sie stehen morgens vor dem Spiegel und bemerken, dass Ihre Haut unrein ist oder Ihr Bauch runder aussieht als sonst. Statt sich selbst zu verurteilen, versuchen Sie, einen neutralen Blickwinkel einzunehmen:

Mein Körper hat mich durch eine stressige Woche getragen: Ich bin müde, aber funktioniere. Ich kann atmen, lachen und arbeiten.“

Dieser Perspektivwechsel lenkt den Fokus weg vom äußeren Erscheinungsbild. Er stärkt das Selbstwertgefühl, reduziert den Perfektionsdruck und fördert ein gesünderes Verhältnis zum eigenen Körper – ganz ohne den Zwang, ihn immer lieben zu müssen.

Wie unterscheidet sich Body Neutrality von Body Positivity?


Die Body-Positivity-Bewegung entstand Ende der 1960er Jahre in New York. Sie wurde von Schwarzen Frauen in größeren Körpern initiiert , die sich gegen Diskriminierung und Ausgrenzung engagierten. Ihr Aufruf lautete: Liebt euren Körper so, wie er ist.Laut Prof. Dr. Claudia Luck-Sikorski, Professorin für Psychische Gesundheit und Psychotherapie an der SRH Hochschule für Gesundheit, war dies ein wichtiger Schritt:

„Die Selbstliebe des eigenen Körpers kann Betroffenen helfen, einen Schutz gegen die negativen Stressoren aufzubauen, die die Problematik verschärfen - insofern hat die Body Positivity-Bewegung einen wertvollen Beitrag geleistet“

Die Body-Positivity-Bewegung hat maßgeblich dazu beigetragen, dass eine größere Vielfalt von Körperformen und -größen in der öffentlichen Wahrnehmung sichtbar wurde. Dennoch verharrt der gesellschaftliche Fokus häufig auf dem Aussehen, und der Anspruch, den eigenen Körper ständig lieben zu müssen, kann für viele Menschen überfordernd sein.

Hier setzt Body Neutrality an: Sie geht einen Schritt weiter als Body Positivity. Das Ziel ist nicht Selbstliebe um jeden Preis, sondern Selbstakzeptanz ohne Schönheitsdruck.

Anstatt den Körper zu bewerten – positiv oder negativ – wird er als wertvoller Bestandteil des Lebens betrachtet, unabhängig von seiner Form, Größe oder äußeren Perfektion (2,3).

Was ist wichtiger: wie ich aussehe oder was mein Körper kann?


Auch wer sich akzeptiert, darf nicht aus den Augen verlieren, dass starkes Übergewicht der Gesundheit schadet. „Menschen mit Adipositas haben eine verringerte Lebenserwartung und ein stark erhöhtes Risiko für schwerwiegende Folgekrankheiten“, sagt Professor Dr. Christine Stroh, Chefärztin am SRH Wald-Klinikum Gera.

Andererseits kann Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper motivieren, sein Ess- und Bewegungsverhalten zu verändern. Denn ein gesundes Essverhalten heißt auch, den eigenen Körper bewusst mit guter Nahrung zu versorgen und ihm damit Wertschätzung entgegenzubringen – ganz ohne Leistungsdruck.

Um ein gesundes Verhältnis zum eigenen Körper zu erreichen, sollte dessen Funktion im Mittelpunkt stehen. Es hilft, den Körper für das zu schätzen, was er leisten kann:

  • Er trägt uns durchs Leben.
  • Er ermöglicht Bewegung, Nähe und Freude.
  • Er regeneriert, heilt und schützt uns.

Diese Perspektive stärkt die Motivation zu gesunden Gewohnheiten – etwa ausgewogener Ernährung, regelmäßiger Bewegung und Achtsamkeit.

Wie lässt sich Body Neutrality im Alltag umsetzen?

  • Fokus auf Leistung statt Aussehen: Überlegen Sie, was Ihr Körper heute geschafft hat.
  • Selbstmitgefühl üben: Sprechen Sie freundlich mit sich selbst – wie mit einem guten Freund.
  • Medien bewusst konsumieren: Folgen Sie Kanälen, die Vielfalt statt Perfektion zeigen.
  • Dankbarkeit praktizieren: Notieren Sie täglich eine Sache, die Sie an Ihrem Körper schätzen.

Warum ist es wichtiger, den eigenen Körper wertzuschätzen, statt perfekt sein zu wollen?


Echte Gesundheit beginnt dort, wo man sich selbst mit Respekt begegnet. Selbst wenn es schwerfällt, den eigenen Körper immer zu lieben, kann man lernen, ihn wertzuschätzen und ein gesundes, stabiles Körpergefühl aufzubauen. Diese Haltung – den Körper für das, was er ist und kann, zu respektieren – kann das psychische Gleichgewicht stärken und auch in medizinischen oder therapeutischen Prozessen, zum Beispiel bei Adipositas, hilfreich sein.

Texthinweise:

(1) Ärzteblatt.de: Fachgesellschaften plädieren für “Nody Neutrality“ statt „Body Positivity“
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/146335/Fachgesellschaften-plaedieren-fuer-Body-Neutrality-statt-Body-Positivity
Stand: 29.09.2023, Abgerufen: 04.11.2025

(2) Adipositas Gesellschaft, Pressemeldung: Experten plädieren für „Body Neutrality“ statt „Body Positivity“ - Wie ositas und Essstörungen beeinflussen
https://adipositas-gesellschaft.de/experten-plaedieren-fuer-body-neutrality-statt-body-positivity-wie-koerperbilder-adipositas-und-essstoerungen-beeinflussen-wissenschaftlicher-ko/
Stand: 28.09.2023, Abgerufen: 04.11.2025

(3) Zeit.de: Body Positivity: Das Ziel ist nicht, seine Pickel schön zu finden“
https://www.zeit.de/die-antwort/2019-08/body-positivity-schoenheitswahn-body-neutrality-selbstbewusstsein
Abgerufen: 04.11.2025

(4) Welt.de: Sabine Winkler: Body Neutrality – neuer Trend gegen Schönheitswahn im Netz
https://www.welt.de/kmpkt/article238021915/Body-Neutrality-Besser-als-Body-Positivity.html
Veröffentlicht: 12.04.2022, Abgerufen: 04.11.2025

Bildhinweise

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(JLco) Julia Amaral - Adobe Stock

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